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Dämmerung - Franz Josef Degenhardt
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Dämmerung - Franz Josef Degenhardt
An diesem Tisch, vor diesem Becher
Werde ich sitzen so lange es geht
Bald wird der Speckmond auch wieder scheinen
Und Kinder flüstern ihr Nachtgebet
Zu Helden, Göttern, die ich nicht mehr kenne
Und Amseln flöten dazu Melodein
Die von den Handys aus Nachbargärten
Nach und nach nicken die Tauben ein

Die Fliegеr zu den Urlaubsparadiesen
Bеtonen die Stille hier unten nur
Dem Musikerfreund, der mich heute besuchte
Dröhnen sie aber gefährlich im Ohr
Nach vielen falschen Zerwürfnisjahren
Schenkte er mir sein Exemplar Horaz
Wir lagen uns lange in den Armen
Das Buch war einst im Besitz von Karl Marx

Der Lindenblüten betäubende Düfte
Machen mich müde jetzt irgendwann
Aber sobald werde ich nicht schlafen
Weil ich das Bild nicht vergessen kann:
Der Gefolterte auf der Kiste
Elektroverdrahtet zum tödlichen Schlag
Die schwarze Kapuze, das grässliche Grinsen
Dieser Befreier des Irak
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