Fünfter Aufzug.
Erster Auftritt.
Garten.
Alphons. Antonio.
Antonio.
Auf deinen Wink ging ich das zweytemal Zu Tasso hin, ich komme von ihm her. Ich hab' ihm zugeredet, ja gedrungen; Allein er geht von seinem Sinn nicht ab, Und bittet sehnlich, daß du ihn nach Rom Auf eine kurze Zeit entlassen mögest.
Alphons.
Ich bin verdrießlich, daß ich dir's gestehe, Und lieber sag' ich dir, daß ich es bin, Als daß ich den Verdruß verberg' und mehre. Er will verreisen; gut, ich halt' ihn nicht: Er will hinweg, er will nach Rom; es sey! Nur daß mir Scipio Gonzaga nicht, Der kluge Medicis, ihn nicht entwende! Das hat Italien so groß gemacht, Daß jeder Nachbar mit dem andern streitet, Die Bessern zu besitzen, zu benutzen. Ein Feldherr ohne Heer scheint mir ein Fürst, Der die Talente nicht um sich versammelt. Und wer der Dichtkunst Stimme nicht vernimmt, Ist ein Barbar, er sey auch wer er sey. Gefunden hab' ich diesen und gewählt, Ich bin auf ihn als meinen Diener stolz, Und da ich schon für ihn so viel gethan, So möcht' ich ihn nicht ohne Noth verlieren.
Antonio.
Ich bin verlegen, denn ich trage doch Vor dir die Schuld von dem, was heut geschah; Auch will ich meinen Fehler gern gestehn, Er bleibet deiner Gnade zu verzeihn: Doch wenn du glauben könntest, daß ich nicht Das Mögliche gethan ihn zu versöhnen, So würd' ich ganz untröstlich seyn. O! sprich Mit holdem Blick mich an, damit ich wieder Mich fassen kann, mir selbst vertrauen mag.
Alphons.
Antonio, nein, da sey nur immer ruhig, Ich schreib' es dir auf keine Weise zu; Ich kenne nur zu gut den Sinn des Mannes, Und weiß nur allzu wohl was ich gethan, Wie sehr ich ihn geschont, wie sehr ich ganz Vergessen, daß ich eigentlich an ihm Zu fordern hätte. Über vieles kann Der Mensch zum Herrn sich machen, seinen Sinn Bezwinget kaum die Noth und lange Zeit.
Antonio.
Wenn andre vieles um den Einen thun; So ist's auch billig, daß der Eine wieder Sich fleißig frage, was den andern nützt. Wer seinen Geist so viel gebildet hat, Wer jede Wissenschaft zusammengeitzt, Und jede Kenntniß, die uns zu ergreifen Erlaubt ist, sollte der sich zu beherrschen Nicht doppelt schuldig seyn? Und denkt er dran?
Alphons.
Wir sollen eben nicht in Ruhe bleiben! Gleich wird uns, wenn wir zu genießen denken, Zur Übung unsrer Tapferkeit ein Feind, Zur Übung der Geduld ein Freund gegeben.
Antonio.
Die erste Pflicht des Menschen, Speis' und Trank Zu wählen, da ihn die Natur so eng' Nicht wie das Thier beschränkt, erfüllt er die? Und läßt er nicht vielmehr sich wie ein Kind Von allem reitzen, was dem Gaumen schmeichelt? Wann mischt er Wasser unter seinen Wein? Gewürze, süße Sachen, stark Getränke, Eins um das andre schlingt er hastig ein, Und dann beklagt er seinen trüben Sinn, Sein feurig Blut, sein allzu heftig Wesen, Er schilt auf die Natur und das Geschick. Wie bitter und wie thöricht hab' ich ihn Nicht oft mit seinem Arzte rechten sehn; Zum Lachen fast, wär' irgend lächerlich Was einen Menschen quält und andre plagt. »Ich fühle dieses Übel,« sagt er bänglich Und voll Verdruß: »Was rühmt ihr eure Kunst? »Schafft mir Genesung!« Gut versetzt der Arzt, So meidet das und das – »Das kann ich nicht« – So nehmet diesen Trank – »O nein! der schmeckt »Abscheulich, er empört mir die Natur« – So trinkt denn Wasser – »Wasser? nimmermehr! »Ich bin so wasserscheu als ein Gebißner –« So ist euch nicht zu helfen – Und warum?« – »Das Übel wird sich stets mit Übeln häufen, Und, wenn es euch nicht tödten kann, nur mehr Und mehr mit jedem Tag euch quälen –« Schön! »Wofür seyd ihr ein Arzt? Ihr kennt mein Übel, »Ihr solltet auch die Mittel kennen, sie »Auch schmackhaft machen, daß ich nicht noch erst, »Der Leiden los zu seyn, recht leiden müsse.« Du lächelst selbst und doch ist es gewiß, Du hast es wohl aus seinem Mund gehört?
Erster Auftritt.
Garten.
Alphons. Antonio.
Antonio.
Auf deinen Wink ging ich das zweytemal Zu Tasso hin, ich komme von ihm her. Ich hab' ihm zugeredet, ja gedrungen; Allein er geht von seinem Sinn nicht ab, Und bittet sehnlich, daß du ihn nach Rom Auf eine kurze Zeit entlassen mögest.
Alphons.
Ich bin verdrießlich, daß ich dir's gestehe, Und lieber sag' ich dir, daß ich es bin, Als daß ich den Verdruß verberg' und mehre. Er will verreisen; gut, ich halt' ihn nicht: Er will hinweg, er will nach Rom; es sey! Nur daß mir Scipio Gonzaga nicht, Der kluge Medicis, ihn nicht entwende! Das hat Italien so groß gemacht, Daß jeder Nachbar mit dem andern streitet, Die Bessern zu besitzen, zu benutzen. Ein Feldherr ohne Heer scheint mir ein Fürst, Der die Talente nicht um sich versammelt. Und wer der Dichtkunst Stimme nicht vernimmt, Ist ein Barbar, er sey auch wer er sey. Gefunden hab' ich diesen und gewählt, Ich bin auf ihn als meinen Diener stolz, Und da ich schon für ihn so viel gethan, So möcht' ich ihn nicht ohne Noth verlieren.
Antonio.
Ich bin verlegen, denn ich trage doch Vor dir die Schuld von dem, was heut geschah; Auch will ich meinen Fehler gern gestehn, Er bleibet deiner Gnade zu verzeihn: Doch wenn du glauben könntest, daß ich nicht Das Mögliche gethan ihn zu versöhnen, So würd' ich ganz untröstlich seyn. O! sprich Mit holdem Blick mich an, damit ich wieder Mich fassen kann, mir selbst vertrauen mag.
Alphons.
Antonio, nein, da sey nur immer ruhig, Ich schreib' es dir auf keine Weise zu; Ich kenne nur zu gut den Sinn des Mannes, Und weiß nur allzu wohl was ich gethan, Wie sehr ich ihn geschont, wie sehr ich ganz Vergessen, daß ich eigentlich an ihm Zu fordern hätte. Über vieles kann Der Mensch zum Herrn sich machen, seinen Sinn Bezwinget kaum die Noth und lange Zeit.
Antonio.
Wenn andre vieles um den Einen thun; So ist's auch billig, daß der Eine wieder Sich fleißig frage, was den andern nützt. Wer seinen Geist so viel gebildet hat, Wer jede Wissenschaft zusammengeitzt, Und jede Kenntniß, die uns zu ergreifen Erlaubt ist, sollte der sich zu beherrschen Nicht doppelt schuldig seyn? Und denkt er dran?
Alphons.
Wir sollen eben nicht in Ruhe bleiben! Gleich wird uns, wenn wir zu genießen denken, Zur Übung unsrer Tapferkeit ein Feind, Zur Übung der Geduld ein Freund gegeben.
Antonio.
Die erste Pflicht des Menschen, Speis' und Trank Zu wählen, da ihn die Natur so eng' Nicht wie das Thier beschränkt, erfüllt er die? Und läßt er nicht vielmehr sich wie ein Kind Von allem reitzen, was dem Gaumen schmeichelt? Wann mischt er Wasser unter seinen Wein? Gewürze, süße Sachen, stark Getränke, Eins um das andre schlingt er hastig ein, Und dann beklagt er seinen trüben Sinn, Sein feurig Blut, sein allzu heftig Wesen, Er schilt auf die Natur und das Geschick. Wie bitter und wie thöricht hab' ich ihn Nicht oft mit seinem Arzte rechten sehn; Zum Lachen fast, wär' irgend lächerlich Was einen Menschen quält und andre plagt. »Ich fühle dieses Übel,« sagt er bänglich Und voll Verdruß: »Was rühmt ihr eure Kunst? »Schafft mir Genesung!« Gut versetzt der Arzt, So meidet das und das – »Das kann ich nicht« – So nehmet diesen Trank – »O nein! der schmeckt »Abscheulich, er empört mir die Natur« – So trinkt denn Wasser – »Wasser? nimmermehr! »Ich bin so wasserscheu als ein Gebißner –« So ist euch nicht zu helfen – Und warum?« – »Das Übel wird sich stets mit Übeln häufen, Und, wenn es euch nicht tödten kann, nur mehr Und mehr mit jedem Tag euch quälen –« Schön! »Wofür seyd ihr ein Arzt? Ihr kennt mein Übel, »Ihr solltet auch die Mittel kennen, sie »Auch schmackhaft machen, daß ich nicht noch erst, »Der Leiden los zu seyn, recht leiden müsse.« Du lächelst selbst und doch ist es gewiß, Du hast es wohl aus seinem Mund gehört?
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