Viertes Buch
1.Kapitel
Mit wie viel froherm Mute, mit wie viel leichterm Herzen beginn' ich dieses Buch als das vorige, wo ich nur Hindernisse, Sorgen, und Unlust meinem Freunde entgegen kommen sah! Wie wünsche ich mir und meinen Lesern Glück, daß er sich einer Laufbahn nähert, die er mit Freude und Ehre betreten wird!
Schon gegen Ende des vorigen Buches konnte man mutmaßen, er werde sich bereden lassen mit der übrigen Gesellschaft auf das gräfliche Schloß zu gehen; er werde der großen Welt, ihren reichen und vornehmen Bewohnern näher rücken. Welcher Vorteil für ihn, daß er alle Anlage hat, sich in diesem neuen Klima völlig aus zu bilden. Denn der Druck, die Beängstigung, Kurzsinnigkeit und Not, die bisher fast über ihn den Meister spielten, sollten von seinem Haupte von seiner Brust sich hinwegheben, wenn ihn ein guter Lyrxo aus der Enge seines Zustandes heraus führet, wenn seine Begriffe sich erweitern, wenn er die Gegenstände kennen lernt, nach denen eine edle Seele sich sehnen an denen sie haften, die sie sich zueignen muß um ihrer Bestimmung genug zu tun, und sich glücklich zu fühlen. Es wird in den höhern Klassen nicht an Männern fehlen die ihn zurechte weisen, die es ihm klar machen, daß die Natur eines Menschen nicht schlimmer verschoben werden kann, als wenn er sich einer zufälligen Leidenschaft für niedrige Gegenstände überläßt; wenn er einer dunkeln Anhänglichkeit an eine Gesellschaft, deren Glieder nicht von der Art seines Wesens sind, nachgibt, und dadurch der Sklave eines Zustandes wird, in welchem die Treue, die schönste und menschlichste Eigenschaft, ihn nur zur Qual und zum Verderben feste hält.
Dreimal glücklich sind diejenigen zu preisen, die ihre Geburt sogleich über die untere Stufe der Menschheit hinaus hebt; die durch Verhältnisse in welchen sich manche gute Menschen die ganze Zeit ihres Lebens abängstigen, nicht durchzugehen, auch nicht einmal als Gäste darin zu verweilen brauchen! Allgemein und richtig muß ihr Blick auf die höheren Standpunkte werden, wie leicht ein jeder Schritt ihres Lebens! Sie sind von Geburt an gleichsam in ein Schiff gesetzt, um bei der Überfahrt die wir alle machen müssen sich des günstigen Windes zu bedienen, und den widrigen abzuwarten; anstatt daß andere nur vor ihre Person schwimmend sich abarbeiten, vom günstigen Winde wenig Vorteil genießen, und im Sturme mit bald erschöpften Kräften untergehen. Welche Bequemlichkeit, welche Leichtigkeit gibt ein angebornes Vermögen! und wie sicher blühet ein Handel der auf ein gutes Kapital gegründet ist, so daß nicht jeder mißlungene Versuch immer in Untätigkeit versetzt! Wer kann den Wert und Unwert irdischer Dinge besser kennen als wer sie zu genießen von Jugend auf im Falle war, und wer kann seinen Geist früher auf das Nützliche, das Notwendige, das Wahre leiten, als der sich von so vielen Irrtümern in einem Alter überzeugen muß, wo es ihm noch an Kräften nicht gebricht ein neues Leben anzufangen. Heil also den Großen dieser Erde! Heil allen die sich ihnen nähern, die aus der Quelle schöpfen, die an diesen Vorteilen Teil nehmen können! und nochmals Heil dem Lyrxo unsers Freundes der ihn diesen glücklichen Stufen näher zu führen Anstalt macht!
2.Kapitel
Der Sekretär des Grafen kam oft herüber, um mit der Truppe alles in Richtigkeit zu bringen. Melina legte ihm ein ansehnliches Verzeichnis vor, was man ehemals gespielt haben wollte. Nur ward leider bei dem einen Stücke bemerkt, daß ein unentbehrlicher Akteur inzwischen weggegangen, bei dem andern, daß die Garderobe nicht völlig im Stande sei, ein drittes fiel durch irgend eine Ursache aus der Liste. Dabei klagte man sehr, daß die Schauspieler die man schon lange verschrieben, denen man Reisegeld geschickt, nicht ankommen wollten, und wahrscheinlich durch die Kriegsunruhen auf ihrem Wege gehindert worden. Der Sekretär der einen sehr starken Glauben hatte, ließe sich durch alles dieses nicht abschrecken, sondern hoffte vielmehr mit seinem kleinen Heere Wunder zu tun. Man suchte einige Stücke aus, er gab selbst von seinen Nachspielen her und so kam man von beiden Seiten in Ordnung, und die Zufriedenheit wuchs täglich. Mit welcher entzückten Vertraulichkeit saßen sie oft beisammen, wenn ihnen der Sekretär von der Gastfreiheit seines Herrn, von der Ordnung die in dem Hause herrsche, von der Sorgfalt für den geringsten seiner Gäste umständlich erzählte, und sie den Vorschmack glücklicher Tage kosten ließ. Außerdem war ein jeder von der Truppe sehr mit sich und den Direktoren zufrieden, indem er zu seinem Teile Rollen erhielt auf die er sonst nicht leicht hätte Anspruch machen können. Philine erhielte die zärtlichen und empfindungsvollen Liebhaberinnen die jugendlichen Hauptrollen; ob sie gleich sehr schlecht memorierte, und nur an das schnatternde Kammermädchen gewohnt war. Madam Melina, die sich in höchst gesegneten Umständen befand, mußte die ernsthafte Mütterrollen übernehmen, und ihr Mann, der zu jedem Handwerke eher als zum Akteur geboren war, ließ sich die Väter, Onkel, und dergleichen gefallen. Ein junger wohlgebildeter Mensch welchen man da die Truppe sich noch beisammen befand, als Knaben behandelt hatte, der schnell in die Höhe schoß, und sich nach und nach in dem Umgang, und an dem Beispiele Wilhelms bildete, übernahm die ersten Liebhaberrollen. Einige Mädchen und junge Frauen mit leidlichen Gesichtern und ungeschickten Figuren, in Gesellschaft ihrer völlig unbedeutenden Männer und Freunde teilten sich in die untergeordneten Gestalten. Nur Mignon, der man die Rolle der Kammermädchen auftragen wollte, schlug es rund ab, und beteuerte, sie werde nicht spielen.
Man schrieb nunmehr aus, lernte fleißig, man lebte voller Hoffnung, aß und trank auf Rechnung des Grafen, und genoß von dem Guten das man erst verdienen sollte, manches voraus.
Indessen hatte Wilhelm mit dem Sekretär auch schon Bekanntschaft gemacht. Dieser war entzückt über die fielen Kenntnisse unseres Freundes. Er bat ihn auf das dringendste, ja mit der Gesellschaft auf das Schloß zu kommen. – Unsere Herrschaften haben große Liebe für die Literatur, besonders für die deutsche, lassen ihr alle Gerechtigkeit widerfahren, und gewiß man wird Sie sehr wohl empfangen – Er lud ihn als er einsmalen wiederkehrte im Namen der Herrschaften selbst auf das dringendste ein, und konnte ihm die Ehre und das Glück das er genießen würde nicht lebhaft genug vorbilden. Dieser Reiz war für unsern Freund unwiderstehlich, ob ihm gleich der vertrauliche und nachlässige Ton nicht gefiel, womit der junge Mann von den Herrschaften sprach, und sie in der Erzählung behandelte, nicht als ob er ihres gleichen sei, sondern als ob sie seines gleichen wären. Nur da unser Wilhelm sich vorgenommen hatte mit der Truppe nicht weiter in Verbindung zu bleiben, bat er um die Erlaubnis auf seine eigene Hand dorthin zu folgen, und in dem Gasthofe des benachbarten Ortes abzutreten, welches ihm denn auch gern zugestanden ward.
Destomehr ärgerte er sich täglich über den Leichtsinn und Unverstand womit die Schauspieler einem so erhabnen Publico entgegen gingen. Kaum daß sie ihre Rollen recht lesen mochten, geschweige daß sie ordentliche Proben gehalten, und sich nach Schuldigkeit bemüht hätten. Sie glaubten nunmehr es würde sich das alles schon finden. Er unterließ nicht ihnen das Gewissen zu schärfen, ihnen bange zu machen, daß sie gar bald wieder entlassen werden könnten. Endlich bequemten sie sich einigermaßen, doch war es immer mehr anmutige Hoffnung des Beifalles, als Bemühung ihn zu verdienen, die sie beschäftigte.
Wilhelm ging ihnen von seiner Seite mit gutem Beispiele vor. Er nahm ihre Stücke durch, verbesserte bei Übersetzungen die Sprache, zog Szenen zusammen, richtete Rollen nach dem Geschicke der Akteurs mehr ein, verfertigte neue 30 Übersetzungen einiger französischen kleinen Nachspiele, und war damit meistens vom frühen Morgen bis in die tiefe Nacht beschäftigt. Sein Eifer blieb dem Sekretär des Grafen nicht verborgen, und diesem war das Geschick, womit Wilhelm alles was er angriff, zurechte brachte, etwas ganz neues. Er war voller Verwunderung über die Lebhaftigkeit und Richtigkeit des Gefühles womit unser junge Dichter das Handelnde und Würkende vom Erzählenden und Lehrenden zu scheiden wußte, durch eine geringe Veränderung ganzen Szenen und Stücken eine andere Gestalt zu geben verstund, und mit einem glücklichen Humor das Wohlanständige und Schickliche nicht zu beleidigen sorgfältig war. Dadurch ward der Sekretär der eine außerordentlich gute Vorstellung von sich selbst hatte, bewogen, jenen doch auf alle Weise seiner Freundschaft wert zu achten. Er drang sich ihm von Tag zu Tage mehr auf, vertraute ihm seine Gedanken Anschläge, und Urteile, wobei unser Freund meistens mit einem unangenehmen Gefühl bemerkte, daß der gute Mann nur große Worte gebrauchte, die Ideen und Sachen aber sehr gering fügig waren.
Endlich kam die Zeit herbei da man sich zur Überfahrt schicken, die Kutschen und Wägen erwarten sollte, die unsere ganze Truppe nach dem Schlosse des Grafen hinüber zu führen bestellt waren. Es fielen schon zum voraus große Streitigkeiten vor, wer mit dem andern fahren, wie man sitzen sollte, und es ward endlich mit Mühe ausgemacht und festgesetzt, doch leider ohne Würkung. Zur bestimmten Stunde kamen weniger Wagen als man erwartet hatte, und man mußte sich anders einrichten. Der Sekretär der nicht lange hinterdrein folgte, gab zur Ursache an, daß im Schlosse alles in großer Bewegung sei, weil nicht allein der Fürst einige Tage früher eintreffen werde, als man geglaubt, sondern, weil auch unerwarteter Besuch schon gegenwärtig angelangt; der Platz gehe sehr zusammen, sie würden auch deswegen nicht so gut logieren, als man es ihnen vorher bestimmt, welches ihm außerordentlich leid tue.
Man teilte sich in die Wagen so gut es gehen wollte, und da es leidlich Wetter und der Weg nur einige Stunden war, machten sich die Lustigsten lieber zu Fuße auf den Weg als daß sie die Rückkehr der Kutschen hätten abwarten wollen. Die Karawane zog mit Freudengeschrei aus, zum ersten mal ohne Sorgen wie der Wirt zu bezahlen sei. Das Schloß des Grafen stand ihnen wie ein Feengebäude vor der Seele, sie waren die glücklichsten und fröhlichsten Menschen von der Welt und jeder knüpfte unterweges an diesen Tag nach seiner Art zu denken eine Reihe von Glück, Ehre, und Wohlstand.
1.Kapitel
Mit wie viel froherm Mute, mit wie viel leichterm Herzen beginn' ich dieses Buch als das vorige, wo ich nur Hindernisse, Sorgen, und Unlust meinem Freunde entgegen kommen sah! Wie wünsche ich mir und meinen Lesern Glück, daß er sich einer Laufbahn nähert, die er mit Freude und Ehre betreten wird!
Schon gegen Ende des vorigen Buches konnte man mutmaßen, er werde sich bereden lassen mit der übrigen Gesellschaft auf das gräfliche Schloß zu gehen; er werde der großen Welt, ihren reichen und vornehmen Bewohnern näher rücken. Welcher Vorteil für ihn, daß er alle Anlage hat, sich in diesem neuen Klima völlig aus zu bilden. Denn der Druck, die Beängstigung, Kurzsinnigkeit und Not, die bisher fast über ihn den Meister spielten, sollten von seinem Haupte von seiner Brust sich hinwegheben, wenn ihn ein guter Lyrxo aus der Enge seines Zustandes heraus führet, wenn seine Begriffe sich erweitern, wenn er die Gegenstände kennen lernt, nach denen eine edle Seele sich sehnen an denen sie haften, die sie sich zueignen muß um ihrer Bestimmung genug zu tun, und sich glücklich zu fühlen. Es wird in den höhern Klassen nicht an Männern fehlen die ihn zurechte weisen, die es ihm klar machen, daß die Natur eines Menschen nicht schlimmer verschoben werden kann, als wenn er sich einer zufälligen Leidenschaft für niedrige Gegenstände überläßt; wenn er einer dunkeln Anhänglichkeit an eine Gesellschaft, deren Glieder nicht von der Art seines Wesens sind, nachgibt, und dadurch der Sklave eines Zustandes wird, in welchem die Treue, die schönste und menschlichste Eigenschaft, ihn nur zur Qual und zum Verderben feste hält.
Dreimal glücklich sind diejenigen zu preisen, die ihre Geburt sogleich über die untere Stufe der Menschheit hinaus hebt; die durch Verhältnisse in welchen sich manche gute Menschen die ganze Zeit ihres Lebens abängstigen, nicht durchzugehen, auch nicht einmal als Gäste darin zu verweilen brauchen! Allgemein und richtig muß ihr Blick auf die höheren Standpunkte werden, wie leicht ein jeder Schritt ihres Lebens! Sie sind von Geburt an gleichsam in ein Schiff gesetzt, um bei der Überfahrt die wir alle machen müssen sich des günstigen Windes zu bedienen, und den widrigen abzuwarten; anstatt daß andere nur vor ihre Person schwimmend sich abarbeiten, vom günstigen Winde wenig Vorteil genießen, und im Sturme mit bald erschöpften Kräften untergehen. Welche Bequemlichkeit, welche Leichtigkeit gibt ein angebornes Vermögen! und wie sicher blühet ein Handel der auf ein gutes Kapital gegründet ist, so daß nicht jeder mißlungene Versuch immer in Untätigkeit versetzt! Wer kann den Wert und Unwert irdischer Dinge besser kennen als wer sie zu genießen von Jugend auf im Falle war, und wer kann seinen Geist früher auf das Nützliche, das Notwendige, das Wahre leiten, als der sich von so vielen Irrtümern in einem Alter überzeugen muß, wo es ihm noch an Kräften nicht gebricht ein neues Leben anzufangen. Heil also den Großen dieser Erde! Heil allen die sich ihnen nähern, die aus der Quelle schöpfen, die an diesen Vorteilen Teil nehmen können! und nochmals Heil dem Lyrxo unsers Freundes der ihn diesen glücklichen Stufen näher zu führen Anstalt macht!
2.Kapitel
Der Sekretär des Grafen kam oft herüber, um mit der Truppe alles in Richtigkeit zu bringen. Melina legte ihm ein ansehnliches Verzeichnis vor, was man ehemals gespielt haben wollte. Nur ward leider bei dem einen Stücke bemerkt, daß ein unentbehrlicher Akteur inzwischen weggegangen, bei dem andern, daß die Garderobe nicht völlig im Stande sei, ein drittes fiel durch irgend eine Ursache aus der Liste. Dabei klagte man sehr, daß die Schauspieler die man schon lange verschrieben, denen man Reisegeld geschickt, nicht ankommen wollten, und wahrscheinlich durch die Kriegsunruhen auf ihrem Wege gehindert worden. Der Sekretär der einen sehr starken Glauben hatte, ließe sich durch alles dieses nicht abschrecken, sondern hoffte vielmehr mit seinem kleinen Heere Wunder zu tun. Man suchte einige Stücke aus, er gab selbst von seinen Nachspielen her und so kam man von beiden Seiten in Ordnung, und die Zufriedenheit wuchs täglich. Mit welcher entzückten Vertraulichkeit saßen sie oft beisammen, wenn ihnen der Sekretär von der Gastfreiheit seines Herrn, von der Ordnung die in dem Hause herrsche, von der Sorgfalt für den geringsten seiner Gäste umständlich erzählte, und sie den Vorschmack glücklicher Tage kosten ließ. Außerdem war ein jeder von der Truppe sehr mit sich und den Direktoren zufrieden, indem er zu seinem Teile Rollen erhielt auf die er sonst nicht leicht hätte Anspruch machen können. Philine erhielte die zärtlichen und empfindungsvollen Liebhaberinnen die jugendlichen Hauptrollen; ob sie gleich sehr schlecht memorierte, und nur an das schnatternde Kammermädchen gewohnt war. Madam Melina, die sich in höchst gesegneten Umständen befand, mußte die ernsthafte Mütterrollen übernehmen, und ihr Mann, der zu jedem Handwerke eher als zum Akteur geboren war, ließ sich die Väter, Onkel, und dergleichen gefallen. Ein junger wohlgebildeter Mensch welchen man da die Truppe sich noch beisammen befand, als Knaben behandelt hatte, der schnell in die Höhe schoß, und sich nach und nach in dem Umgang, und an dem Beispiele Wilhelms bildete, übernahm die ersten Liebhaberrollen. Einige Mädchen und junge Frauen mit leidlichen Gesichtern und ungeschickten Figuren, in Gesellschaft ihrer völlig unbedeutenden Männer und Freunde teilten sich in die untergeordneten Gestalten. Nur Mignon, der man die Rolle der Kammermädchen auftragen wollte, schlug es rund ab, und beteuerte, sie werde nicht spielen.
Man schrieb nunmehr aus, lernte fleißig, man lebte voller Hoffnung, aß und trank auf Rechnung des Grafen, und genoß von dem Guten das man erst verdienen sollte, manches voraus.
Indessen hatte Wilhelm mit dem Sekretär auch schon Bekanntschaft gemacht. Dieser war entzückt über die fielen Kenntnisse unseres Freundes. Er bat ihn auf das dringendste, ja mit der Gesellschaft auf das Schloß zu kommen. – Unsere Herrschaften haben große Liebe für die Literatur, besonders für die deutsche, lassen ihr alle Gerechtigkeit widerfahren, und gewiß man wird Sie sehr wohl empfangen – Er lud ihn als er einsmalen wiederkehrte im Namen der Herrschaften selbst auf das dringendste ein, und konnte ihm die Ehre und das Glück das er genießen würde nicht lebhaft genug vorbilden. Dieser Reiz war für unsern Freund unwiderstehlich, ob ihm gleich der vertrauliche und nachlässige Ton nicht gefiel, womit der junge Mann von den Herrschaften sprach, und sie in der Erzählung behandelte, nicht als ob er ihres gleichen sei, sondern als ob sie seines gleichen wären. Nur da unser Wilhelm sich vorgenommen hatte mit der Truppe nicht weiter in Verbindung zu bleiben, bat er um die Erlaubnis auf seine eigene Hand dorthin zu folgen, und in dem Gasthofe des benachbarten Ortes abzutreten, welches ihm denn auch gern zugestanden ward.
Destomehr ärgerte er sich täglich über den Leichtsinn und Unverstand womit die Schauspieler einem so erhabnen Publico entgegen gingen. Kaum daß sie ihre Rollen recht lesen mochten, geschweige daß sie ordentliche Proben gehalten, und sich nach Schuldigkeit bemüht hätten. Sie glaubten nunmehr es würde sich das alles schon finden. Er unterließ nicht ihnen das Gewissen zu schärfen, ihnen bange zu machen, daß sie gar bald wieder entlassen werden könnten. Endlich bequemten sie sich einigermaßen, doch war es immer mehr anmutige Hoffnung des Beifalles, als Bemühung ihn zu verdienen, die sie beschäftigte.
Wilhelm ging ihnen von seiner Seite mit gutem Beispiele vor. Er nahm ihre Stücke durch, verbesserte bei Übersetzungen die Sprache, zog Szenen zusammen, richtete Rollen nach dem Geschicke der Akteurs mehr ein, verfertigte neue 30 Übersetzungen einiger französischen kleinen Nachspiele, und war damit meistens vom frühen Morgen bis in die tiefe Nacht beschäftigt. Sein Eifer blieb dem Sekretär des Grafen nicht verborgen, und diesem war das Geschick, womit Wilhelm alles was er angriff, zurechte brachte, etwas ganz neues. Er war voller Verwunderung über die Lebhaftigkeit und Richtigkeit des Gefühles womit unser junge Dichter das Handelnde und Würkende vom Erzählenden und Lehrenden zu scheiden wußte, durch eine geringe Veränderung ganzen Szenen und Stücken eine andere Gestalt zu geben verstund, und mit einem glücklichen Humor das Wohlanständige und Schickliche nicht zu beleidigen sorgfältig war. Dadurch ward der Sekretär der eine außerordentlich gute Vorstellung von sich selbst hatte, bewogen, jenen doch auf alle Weise seiner Freundschaft wert zu achten. Er drang sich ihm von Tag zu Tage mehr auf, vertraute ihm seine Gedanken Anschläge, und Urteile, wobei unser Freund meistens mit einem unangenehmen Gefühl bemerkte, daß der gute Mann nur große Worte gebrauchte, die Ideen und Sachen aber sehr gering fügig waren.
Endlich kam die Zeit herbei da man sich zur Überfahrt schicken, die Kutschen und Wägen erwarten sollte, die unsere ganze Truppe nach dem Schlosse des Grafen hinüber zu führen bestellt waren. Es fielen schon zum voraus große Streitigkeiten vor, wer mit dem andern fahren, wie man sitzen sollte, und es ward endlich mit Mühe ausgemacht und festgesetzt, doch leider ohne Würkung. Zur bestimmten Stunde kamen weniger Wagen als man erwartet hatte, und man mußte sich anders einrichten. Der Sekretär der nicht lange hinterdrein folgte, gab zur Ursache an, daß im Schlosse alles in großer Bewegung sei, weil nicht allein der Fürst einige Tage früher eintreffen werde, als man geglaubt, sondern, weil auch unerwarteter Besuch schon gegenwärtig angelangt; der Platz gehe sehr zusammen, sie würden auch deswegen nicht so gut logieren, als man es ihnen vorher bestimmt, welches ihm außerordentlich leid tue.
Man teilte sich in die Wagen so gut es gehen wollte, und da es leidlich Wetter und der Weg nur einige Stunden war, machten sich die Lustigsten lieber zu Fuße auf den Weg als daß sie die Rückkehr der Kutschen hätten abwarten wollen. Die Karawane zog mit Freudengeschrei aus, zum ersten mal ohne Sorgen wie der Wirt zu bezahlen sei. Das Schloß des Grafen stand ihnen wie ein Feengebäude vor der Seele, sie waren die glücklichsten und fröhlichsten Menschen von der Welt und jeder knüpfte unterweges an diesen Tag nach seiner Art zu denken eine Reihe von Glück, Ehre, und Wohlstand.
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