Zwölftes Kapitel
Die zu Odoardos Vortrag angesetzte Frist war gekommen, welcher, nachdem alles versammelt und beruhigt war, folgendermaßen zu reden begann: »Das bedeutende Werk, an welchem teilzunehmen ich diese Masse wackerer Männer einzuladen habe, ist Ihnen nicht ganz unbekannt, denn ich habe ja schon im allgemeinen mit Ihnen davon gesprochen. Aus meinen Eröffnungen geht hervor, daß in der alten Welt so gut wie in der neuen Räume sind, welche einen bessern Anbau bedürfen, als ihnen bisher zuteil ward. Dort hat die Natur große, weite Strecken ausgebreitet, wo sie unberührt und eingewildert liegt, daß man sich kaum getraut, auf sie loszugehen und ihr einen Kampf anzubieten. Und doch ist es leicht für den Entschlossenen, ihr nach und nach die Wüsteneien abzugewinnen und sich eines teilweisen Besitzes zu versichern. In der alten Welt ist es das Umgekehrte. Hier ist überall ein teilweiser Besitz schon ergriffen, mehr oder weniger durch undenkliche Zeit das Recht dazu geheiligt; und wenn dort das Grenzenlose als unüberwindliches Hindernis erscheint, so setzt hier das Einfachbegrenzte beinahe noch schwerer zu überwindende Hindernisse entgegen. Die Natur ist durch Emsigkeit, der Mensch durch Gewalt oder Überredung zu nötigen.
Wird der einzelne Besitz von der ganzen Gesellschaft für heilig geachtet, so ist er es dem Besitzer noch mehr. Gewohnheit, jugendliche Eindrücke, Achtung für Vorfahren, Abneigung gegen den Nachbar und hunderterlei Dinge sind es, die den Besitzer starr und gegen jede Veränderung widerwillig machen. Je älter dergleichen Zustände sind, je verflochtener, je geteilter, desto schwieriger wird es, das Allgemeine durchzuführen, das, indem es dem Einzelnen etwas nähme, dem Ganzen und durch Rück- und Mitwirkung auch jenem wieder unerwartet zugute käme.
Schon mehrere Jahre steh' ich im Namen meines Fürsten einer Provinz vor, die, von seinen Staaten getrennt, lange nicht so, wie es möglich wäre, benutzt wird. Eben diese Abgeschlossenheit oder Eingeschlossenheit, wenn man will, hindert, daß bisher keine Anstalt sich treffen ließ, die den Bewohnern Gelegenheit gegeben hätte, das, was sie vermögen, nach außen zu verbreiten, und von außen zu empfangen, was sie bedürfen.
Mit unumschränkter Vollmacht gebot ich in diesem Lande. Manches Gute war zu tun, aber doch immer nur ein beschränktes; dem Bessern waren überall Riegel vorgeschoben, und das Wünschenswerteste schien in einer andern Welt zu liegen.
Ich hatte keine andere Verpflichtung, als gut hauszuhalten. Was ist leichter als das! Ebenso leicht ist es, Mißbräuche zu beseitigen, menschlicher Fähigkeiten sich zu bedienen, den Bestrebsamen nachzuhelfen. Dies alles ließ sich mit Verstand und Gewalt recht bequem leisten, dies alles tat sich gewissermaßen von selbst. Aber wohin besonders meine Aufmerksamkeit, meine Sorge sich richtete, dies waren die Nachbarn, die nicht mit gleichen Gesinnungen, am wenigsten mit gleicher Überzeugung ihre Landesteile regierten und regieren ließen.
Beinahe hätte ich mich resigniert und mich innerhalb meiner Lage am besten gehalten und das Herkömmliche, so gut als es sich tun ließ, benutzt, aber ich bemerkte auf einmal, das Jahrhundert komme mir zu Hülfe. Jüngere Beamte wurden in der Nachbarschaft angestellt, sie hegten gleiche Gesinnungen, aber freilich nur im allgemeinen wohlwollend, und pflichteten nach und nach meinen Planen zu allseitiger Verbindung um so eher bei, als mich das Los traf, die größeren Aufopferungen zuzugestehen, ohne daß gerade jemand merkte, auch der größere Vorteil neige sich auf meine Seite.
So sind nun unser drei über ansehnliche Landesstrecken zu gebieten befugt, unsre Fürsten und Minister sind von der Redlichkeit und Nützlichkeit unsrer Vorschläge überzeugt; denn es gehört freilich mehr dazu, seinen Vorteil im Großen als im Kleinen zu übersehen. Hier zeigt uns immer die Notwendigkeit, was wir zu tun und zu lassen haben, und da ist denn schon genug, wenn wir diesen Maßstab ans Gegenwärtige legen; dort aber sollen wir eine Zukunft erschaffen, und wenn auch ein durchdringender Geist den Plan dazu fände, wie kann er hoffen, andere darin einstimmen zu sehen?
Noch würde dies dem einzelnen nicht gelingen; die Zeit, welche die Geister frei macht, öffnet zugleich ihren Blick ins Weitere, und im Weiteren läßt sich das Größere leicht erkennen, und eins der stärksten Hindernisse menschlicher Handlungen wird leichter zu entfernen. Dieses besteht nämlich darin, daß die Menschen wohl über die Zwecke einig werden, viel seltener aber über die Mittel, dahin zu gelangen. Denn das wahre Große hebt uns über uns selbst hinaus und leuchtet uns vor wie ein Stern; die Wahl der Mittel aber ruft uns in uns selbst zurück, und da wird der einzelne gerade, wie er war, und fühlt sich ebenso isoliert, als hätt' er vorher nicht ins Ganze gestimmt.
Hier also haben wir zu wiederholen: Das Jahrhundert muß uns zu Hülfe kommen, die Zeit an die Stelle der Vernunft treten und in einem erweiterten Herzen der höhere Vorteil den niedern verdrängen.
Hiermit sei es genug, und wär' es zu viel für den Augenblick, in der Folge werd' ich einen jeden Teilnehmer daran erinnern. Genaue Vermessungen sind geschehen, die Straßen bezeichnet, die Punkte bestimmt, wo man die Gasthöfe und in der Folge vielleicht die Dörfer heranrückt. Zu aller Art von Baulichkeiten ist Gelegenheit, ja Notwendigkeit vorhanden. Treffliche Baumeister und Techniker bereiten alles vor; Risse und Anschläge sind gefertigt; die Absicht ist, größere und kleinere Akkorde abzuschließen und so mit genauer Kontrolle die bereitliegenden Geldsummen, zur Verwunderung des Mutterlandes, zu verwenden: da wir denn der schönsten Hoffnung leben, es werde sich eine vereinte Tätigkeit nach allen Seiten von nun an entwickeln.
Worauf ich nun aber die sämtlichen Teilnehmer aufmerksam zu machen habe, weil es vielleicht auf ihre Entschließung Einfluß haben könnte, ist die Einrichtung, die Gestalt, in welche wir alle Mitwirkenden vereinigen und ihnen eine würdige Stellung unter sich und gegen die übrige bürgerliche Welt zu schaffen gedenken.
Sobald wir jenen bezeichneten Boden betreten, werden die Handwerke sogleich für Künste erklärt und durch die Bezeichnung ›strenge Künste‹ von den ›freien‹ entschieden getrennt und abgesondert. Diesmal kann hier nur von solchen Beschäftigungen die Rede sein, welche den Aufbau sich zur Angelegenheit machen; die sämtlichen hier anwesenden Männer, jung und alt, bekennen sich zu dieser Klasse.
Die zu Odoardos Vortrag angesetzte Frist war gekommen, welcher, nachdem alles versammelt und beruhigt war, folgendermaßen zu reden begann: »Das bedeutende Werk, an welchem teilzunehmen ich diese Masse wackerer Männer einzuladen habe, ist Ihnen nicht ganz unbekannt, denn ich habe ja schon im allgemeinen mit Ihnen davon gesprochen. Aus meinen Eröffnungen geht hervor, daß in der alten Welt so gut wie in der neuen Räume sind, welche einen bessern Anbau bedürfen, als ihnen bisher zuteil ward. Dort hat die Natur große, weite Strecken ausgebreitet, wo sie unberührt und eingewildert liegt, daß man sich kaum getraut, auf sie loszugehen und ihr einen Kampf anzubieten. Und doch ist es leicht für den Entschlossenen, ihr nach und nach die Wüsteneien abzugewinnen und sich eines teilweisen Besitzes zu versichern. In der alten Welt ist es das Umgekehrte. Hier ist überall ein teilweiser Besitz schon ergriffen, mehr oder weniger durch undenkliche Zeit das Recht dazu geheiligt; und wenn dort das Grenzenlose als unüberwindliches Hindernis erscheint, so setzt hier das Einfachbegrenzte beinahe noch schwerer zu überwindende Hindernisse entgegen. Die Natur ist durch Emsigkeit, der Mensch durch Gewalt oder Überredung zu nötigen.
Wird der einzelne Besitz von der ganzen Gesellschaft für heilig geachtet, so ist er es dem Besitzer noch mehr. Gewohnheit, jugendliche Eindrücke, Achtung für Vorfahren, Abneigung gegen den Nachbar und hunderterlei Dinge sind es, die den Besitzer starr und gegen jede Veränderung widerwillig machen. Je älter dergleichen Zustände sind, je verflochtener, je geteilter, desto schwieriger wird es, das Allgemeine durchzuführen, das, indem es dem Einzelnen etwas nähme, dem Ganzen und durch Rück- und Mitwirkung auch jenem wieder unerwartet zugute käme.
Schon mehrere Jahre steh' ich im Namen meines Fürsten einer Provinz vor, die, von seinen Staaten getrennt, lange nicht so, wie es möglich wäre, benutzt wird. Eben diese Abgeschlossenheit oder Eingeschlossenheit, wenn man will, hindert, daß bisher keine Anstalt sich treffen ließ, die den Bewohnern Gelegenheit gegeben hätte, das, was sie vermögen, nach außen zu verbreiten, und von außen zu empfangen, was sie bedürfen.
Mit unumschränkter Vollmacht gebot ich in diesem Lande. Manches Gute war zu tun, aber doch immer nur ein beschränktes; dem Bessern waren überall Riegel vorgeschoben, und das Wünschenswerteste schien in einer andern Welt zu liegen.
Ich hatte keine andere Verpflichtung, als gut hauszuhalten. Was ist leichter als das! Ebenso leicht ist es, Mißbräuche zu beseitigen, menschlicher Fähigkeiten sich zu bedienen, den Bestrebsamen nachzuhelfen. Dies alles ließ sich mit Verstand und Gewalt recht bequem leisten, dies alles tat sich gewissermaßen von selbst. Aber wohin besonders meine Aufmerksamkeit, meine Sorge sich richtete, dies waren die Nachbarn, die nicht mit gleichen Gesinnungen, am wenigsten mit gleicher Überzeugung ihre Landesteile regierten und regieren ließen.
Beinahe hätte ich mich resigniert und mich innerhalb meiner Lage am besten gehalten und das Herkömmliche, so gut als es sich tun ließ, benutzt, aber ich bemerkte auf einmal, das Jahrhundert komme mir zu Hülfe. Jüngere Beamte wurden in der Nachbarschaft angestellt, sie hegten gleiche Gesinnungen, aber freilich nur im allgemeinen wohlwollend, und pflichteten nach und nach meinen Planen zu allseitiger Verbindung um so eher bei, als mich das Los traf, die größeren Aufopferungen zuzugestehen, ohne daß gerade jemand merkte, auch der größere Vorteil neige sich auf meine Seite.
So sind nun unser drei über ansehnliche Landesstrecken zu gebieten befugt, unsre Fürsten und Minister sind von der Redlichkeit und Nützlichkeit unsrer Vorschläge überzeugt; denn es gehört freilich mehr dazu, seinen Vorteil im Großen als im Kleinen zu übersehen. Hier zeigt uns immer die Notwendigkeit, was wir zu tun und zu lassen haben, und da ist denn schon genug, wenn wir diesen Maßstab ans Gegenwärtige legen; dort aber sollen wir eine Zukunft erschaffen, und wenn auch ein durchdringender Geist den Plan dazu fände, wie kann er hoffen, andere darin einstimmen zu sehen?
Noch würde dies dem einzelnen nicht gelingen; die Zeit, welche die Geister frei macht, öffnet zugleich ihren Blick ins Weitere, und im Weiteren läßt sich das Größere leicht erkennen, und eins der stärksten Hindernisse menschlicher Handlungen wird leichter zu entfernen. Dieses besteht nämlich darin, daß die Menschen wohl über die Zwecke einig werden, viel seltener aber über die Mittel, dahin zu gelangen. Denn das wahre Große hebt uns über uns selbst hinaus und leuchtet uns vor wie ein Stern; die Wahl der Mittel aber ruft uns in uns selbst zurück, und da wird der einzelne gerade, wie er war, und fühlt sich ebenso isoliert, als hätt' er vorher nicht ins Ganze gestimmt.
Hier also haben wir zu wiederholen: Das Jahrhundert muß uns zu Hülfe kommen, die Zeit an die Stelle der Vernunft treten und in einem erweiterten Herzen der höhere Vorteil den niedern verdrängen.
Hiermit sei es genug, und wär' es zu viel für den Augenblick, in der Folge werd' ich einen jeden Teilnehmer daran erinnern. Genaue Vermessungen sind geschehen, die Straßen bezeichnet, die Punkte bestimmt, wo man die Gasthöfe und in der Folge vielleicht die Dörfer heranrückt. Zu aller Art von Baulichkeiten ist Gelegenheit, ja Notwendigkeit vorhanden. Treffliche Baumeister und Techniker bereiten alles vor; Risse und Anschläge sind gefertigt; die Absicht ist, größere und kleinere Akkorde abzuschließen und so mit genauer Kontrolle die bereitliegenden Geldsummen, zur Verwunderung des Mutterlandes, zu verwenden: da wir denn der schönsten Hoffnung leben, es werde sich eine vereinte Tätigkeit nach allen Seiten von nun an entwickeln.
Worauf ich nun aber die sämtlichen Teilnehmer aufmerksam zu machen habe, weil es vielleicht auf ihre Entschließung Einfluß haben könnte, ist die Einrichtung, die Gestalt, in welche wir alle Mitwirkenden vereinigen und ihnen eine würdige Stellung unter sich und gegen die übrige bürgerliche Welt zu schaffen gedenken.
Sobald wir jenen bezeichneten Boden betreten, werden die Handwerke sogleich für Künste erklärt und durch die Bezeichnung ›strenge Künste‹ von den ›freien‹ entschieden getrennt und abgesondert. Diesmal kann hier nur von solchen Beschäftigungen die Rede sein, welche den Aufbau sich zur Angelegenheit machen; die sämtlichen hier anwesenden Männer, jung und alt, bekennen sich zu dieser Klasse.
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